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Frau denkt nach
Friday, 19.05.23
4 Min.

Gestörte Darmflora: Das Mikrobiom als Ursache psychischer Probleme?

Viele psychische Erkrankungen könnten ihre Wurzeln im Bauch haben. Dass unser Gehirn die Psyche beeinflusst, ist bekannt. Aber auch der Darm spielt eine viel wichtigere Rolle, als lange Zeit angenommen. Mittlerweile verstehen Forscher die Verbindungen zwischen dem Menschen und dem Mikrobiom in seinem Darm (Darmflora) immer besser. Über mögliche Auswirkungen einer gestörten Darmflora auf die Psyche erfährst du hier.

Was hat der Darm mit der Psyche zu tun?

Unser Körper ist ein komplexes System, bei dem ein Rädchen ins andere greift. Und das wahrscheinlich noch viel intensiver als bisher angenommen. Die Verbindung zwischen Darm und Psyche ist dabei besonders stark ausgeprägt. Lange Zeit war der Grundtenor, dass alles vom Gehirn gesteuert wird. Sämtliche unklaren oder stressbedingten Beschwerden wurden auf einen Konflikt im Kopf zurückgeführt. Neuere Studien scheinen nun diese Auffassung zu widerlegen. Der Informationsfluss vom Darm zum Hirn ist wahrscheinlich sogar größer als umgekehrt.
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Studien zeigen: Mikrobiom beeinflusst Gefühle und Verhalten

In den letzten Jahren hat sich das Mikrobiom des Darms zu einem wichtigen Forschungsthema entwickelt. Studien zeigen, wie uns Variationen und Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms beeinflussen und zu Krankheiten von Entzündungen bis hin zu Fettleibigkeit beitragen.

Immer mehr Daten scheinen zu belegen, dass die Darmflora auch mit dem Zentralnervensystem kommuniziert und dadurch Gehirnfunktion und Verhalten beeinflusst. Studien an Tieren deuten auf eine Rolle der Darmflora bei der Regulierung von Angst, Stimmung, Kognition und Schmerz hin. Unser Darm beeinflusst unsere Psyche und unser Verhalten scheinbar sehr viel mehr als bisher angenommen.

Darm und Psyche
Abbildung 1: Die Verbindung von Darm und Psyche

Wie ein kranker Darm Depressionen auslösen kann

Wie Forscher herausgefunden haben, wirkt der Darm über einen zentralen Nervenstrang – den Nervus vagus – auf unser Gehirn ein. Umgekehrt kann psychischer Stress auch unsere Darmfunktionen verändern. Wir merken das, wenn wir zum Beispiel in stressigen Situationen ständig zur Toilette müssen.

Stress kann außerdem die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut erhöhen, wodurch unser Körper einer Flut von Schadstoffen ausgesetzt ist. Diese Stoffe können unter anderem auch zu einer Entzündung im Darm gebildeter Divertikel führen. In diesem Zustand wird die Aktivität bestimmter Enzyme erhöht, die mit dem Serotonin-Spiegel in Verbindung stehen.

Serotonin ist das Glückshormon unseres Körpers. Es reguliert den Gefühlshaushalt, sorgt für gute Laune und wirkt antidepressiv. Durch die erhöhte Enzymaktivität bildet der Körper nicht nur deutlich weniger Serotonin, sondern auch Stoffe, die Nerven schädigen und Depressionen sowie psychische Erkrankungen fördern können.

Schaubild Darm
Abbildung 2: Eine kaputte Darmbarriere lässt Schadstoffe und die Bakterien des Darm in die Blutbahn des Körpers gelangen

Welche Darmbakterien fehlen bei Depressionen?

Der Darm und das Gehirn stehen in ständigem Austausch. Unsere Darmbakterien produzieren dabei Botenstoffe, die einen Einfluss auf unsere Stimmung haben. Sobald sich die Zusammensetzung des Mikrobioms ändert, ändert sich auch die Kommunikation zwischen Gehirn und Darm.

Das Darm-Mikrobiom besteht aus Billionen von Mikroorganismen. Eine gesunde Darmflora beheimatet zu fast 99 Prozent gesundheitsförderliche anaerobe Bakterien, während ein Prozent aus den fäulnisbildenden aeroben Bakterien besteht. Ist dieses Gleichgewicht durch zu wenige anaerobe Bakterien gestört, führt das zu einer durchlässigen Darmschleimhaut, die Umweltgifte leichter in unseren Körper lässt. Im Blut wird dadurch die Aktivität des Enzyms IDO verstärkt.

Ist das Enzym IDO aktiver als normal, sinkt der Serotonin-Spiegel. Serotonin kann die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden und muss im Gehirn direkt vor Ort und nach Bedarf gebildet werden. Ist dies durch das aktive IDO-Enzym nicht möglich, kann eine Abwärtsspirale entstehen. Bei Depressionen fehlen also sehr wahrscheinlich ausreichend gesundheitsförderliche anaerobe Bakterien, um die Enzyme und den Serotonin-Spiegel im Gleichgewicht zu halten.

Woran erkennt man eine gestörte Darmflora?

Eine gestörte Darmflora lässt sich natürlich nicht nur durch psychische Symptome erkennen. Körperliche Anzeichen können zum Beispiel sein:

  • Blähungen
  • Reizdarm
  • Übelkeit
  • Bauchschmerzen
  • Mangelerscheinungen (z.B. Müdigkeit, Blässe, Haarausfall, Trockene Haut)

Auch durch eine vorübergehende Störung der Darmflora, z. B. nach der Einnahme von Antibiotika, können diese oder ähnliche Symptome auftreten. In manchen Fällen hilft hier die Einnahme von Probiotika, um eine geregelte Verdauung zurückzuerlangen.

So hilfst du deinem Darm glücklich zu sein

Mit einer gesunden Darmflora kann man also die eigene psychische Gesundheit fördern. Was du selbst tun kannst und warum sich vor allem die richtige Ernährung und tägliche Bewegung positiv auf das Mikrobiom des Darms auswirken, erfährst du im nächsten Abschnitt.

Ausgewogene Ernährung

Eine ausgewogene Ernährung ist ein zentrales Thema, wenn es darum geht, unser Mikrobiom im Darm vielfältig und damit gesund zu erhalten. Dabei wird die Vielfalt der Bakterien besonders durch Speisen wie Joghurt, Kefir, Cheddar, Parmesan, Gruyère, saure Gurken, Sauerkraut oder Produkte auf Sojabasis wie etwa Kimchi oder Miso gefördert. Außerdem sollte man sich so oft es geht nach leckeren Alternativen zu fettigem Essen umsehen.

Ballaststoffe

Achte darauf, genug Ballaststoffe zu dir zu nehmen. Diese enthalten oft sogenannte Präbiotika: Stoffe, die der Mensch nicht verwerten kann, die aber zum Beispiel Lactobacillus- und Bifidobacterium-Bakterien, also guten Darmbakterien, als Nahrung dienen. Sie stecken unter anderem in Chicorée, Zwiebeln, Knoblauch, Spargel, (Vollkorn)Getreide, Artischocken und Bananen.

Probiotika

In der Werbung hören wir oft von „probiotischen Lebensmitteln“. Wie viele der enthaltenen probiotischen Bakterien wir dadurch aber wirklich zu uns nehmen können, um unser Mikrobiom zu entwickeln, wird immer noch erforscht. Ist das Mikrobiom des Darms durch eine einseitige Ernährung, Stress oder die Einnahme von Antibiotika geschwächt, kann eine aktive Zugabe von Probiotika helfen.

Verzicht auf Darmschädigendes

Alkohol, Zigaretten, rotes Fleisch und stark verarbeitete Lebensmittel haben einen negativen Einfluss auf unsere Darmgesundheit und damit auch auf das Mikrobiom des Darms. Hier sollte man sich, so oft es geht, in Verzicht üben.

Tägliche Bewegung

Sorge für mehr Bewegung im Alltag. Tägliche Bewegung kann nachweislich das Bauchhirn beruhigen und sorgt im Allgemeinen für ein besseres Körpergefühl. Zudem fördern Bewegung und Sport einen gesunden Schlaf, der ebenfalls wichtig für unser Darmmikrobiom ist.

Lebensmittel für eine gute Darmflora
Abbildung 3: Verschiedene probiotische Lebensmittel (umkreist sind fermentierte Lebensmittel)

Hoffnung für Behandlung weiterer psychischer Leiden

Neben der Behandlung von Depressionen sieht die Wissenschaft im Mikrobiom des Darms auch ein großes Potenzial bei Erkrankungen wie Autismus, ADHS, Magen-Darm-Beschwerden oder Demenz. In den letzten Jahren gab es in der Forschung hierzu überraschend große Fortschritte. Gut möglich, dass bald schon der nächste Durchbruch vermeldet wird.

Wie ein verändertes Mikrobiom zur Entstehung der einzelnen Symptome beiträgt, ist bei den meisten psychischen Krankheiten bislang noch nicht klar. Dass es zwischen beiden aber einen Zusammenhang gibt, stellen Forscher kaum noch infrage.

Nicht nur, weil die Zusammensetzung der Darmflora bei so vielen Menschen mit psychischen Erkrankungen auffällig ist, sondern auch, weil sich deren Symptome zusammen mit den Darmbakterien teilweise auf andere Tiere oder Menschen übertragen lassen – und wieder verschwinden, wenn sich das Mikrobiom durch therapeutische Maßnahmen erholt.

Gestörte Darmflora: Häufig gestellte Fragen

Ernährungsstudio
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Redaktion

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