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Eine Frau, die vor einem Kühlregal mit süßhaltigen Getränken steht
Wednesday, 23.08.23
5 Min.

Update Süßstoffe: Schädlich oder die Lösung beim Abnehmen?

Eine Analyse basierend auf der aktuellen wissenschaftlichen Studienlage

Über Süßstoffe jagt aktuell eine Schlagzeile die andere. Sind sie nun ungesund, krebserregend und schaden sie der Darmgesundheit oder sind sie sogar die Lösung beim Abnehmen? Zusätzlich haben Süßstoffe an medialer Relevanz gewonnen, da sie nun auch in die Bewertung des Nutri-Scores bei Getränken mit aufgenommen werden und damit Bestandteil des neuen Algorithmus sind.

Der folgende Artikel soll Aufschluss über die genannten Fragen geben.

Inhalt

Definition Süßstoffe

Hierbei handelt es sich um Zusatzstoffe, die Lebensmittel reichlich Süße, jedoch im Gegensatz zu Zucker oder auch Zuckeraustauschstoffen, keine Energie liefern (Lebensmittelverband 2023).

Süßstoffe 0 kcal
Zuckeraustauschstoffe z.B. Xylit 2,4 kcal
Zucker 4 kcal
Tabelle 1: Vergleich der Süßungsmittel
Süßstoffe und ihre Eigenschaften
Süßstoff-Name
E-Nr.
ADI-Wert mg/kg Körpergewicht
Süßkraft
Entdeckt/Zugelassen seit
Acelsufam-K 950 SCF 9 JECFA 15 130 - 200 1962/1994
Advantam 969 5 20.000 - 37.000 Juni 2014
Aspartam 951 SCF 40 JECFA 50 200 1966/1994
Acesulfam-Aspartam -Salz 951 (*1) 350 1995/2004
Cyclamat 952 SCF 7 JECFA 11 30 - 50 1937/1963(D) 1994
Neohesperidin DC 959 SCF 5 JECFA (*2) 400 - 600 1963/1994
Neotam 961 2 7.000 - 13.000 1992/2010 (*3)
Saccharin 954 5 300 - 500 1887/1900 (USA) 1994
Steviolglycoside “Stevia” 960 4 300 1887/2011
Sucralose 955 15 600 1976/2004
Thaumatin 957 unbegrenzt 2.000 - 3.000 1855/1994
Tabelle 2: Klassifizierung Süßstoffe und ihre Eigenschaften
Erläuterungen zur Tabelle:
SCF: Scientific Committee on Food
JECFA: Joint FAO/WHO Committee on Food Additives
(*1) Der ADI-Wert ist bereits durch die ADI-Werte für Aspartam und Acesulfam-K abgedeckt
(*2) GRAS-Status in den USA
(*3) seit 2001 in Australien und Neuseeland zugelassen
Exkurs: Aspartam

Eines der bekanntesten und auch meistdiskutierten Vertreter der Gruppe ist das Aspartam. Es ist ein synthetischer Süßstoff, der aus den Aminosäuren Asparaginsäure und Phenylalanin hergestellt wird. Es ist etwa 200-mal süßer als Zucker und wird daher in vielen Lebensmitteln und Getränken als Zuckerersatz verwendet. Aspartam ist in vielen Diätgetränken, Süßigkeiten, Kaugummis, Joghurts und anderen Lebensmitteln enthalten.

Bewertung nach der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC):

Die Internationalen Agentur für Krebsforschung, kurz IARC, führt umfangreiche Monografien durch und sammelt dadurch viele Daten. Anhand dieser kontinuierlichen Untersuchungsergebnisse werden 1035 Substanzen und Mischungen in vier verschieden Gruppen unterteilt.

Erst kürzlich gab es zur Frage, ob Aspartam krebserregend ist mehrere Stellungnahmen. Zum einen durch die International Agency for Research on Cancer (IARC), einer Agentur der World Health Organization (WHO). Im Rahmen ihres Verfahrens bewertete die IARC-Expertengruppe alle öffentlich zugänglichen Studien über Krebs bei Human- und Tierstudien im Zusammenhang mit dem Süßstoff Aspartam.

In drei Beobachtungsstudien an Menschen wurde ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von künstlich gesüßten Getränken und dem Risiko von Leberkrebs festgestellt. Auch in Tierstudien fanden sich begrenzte Hinweise auf Krebs, allerdings mit der Anmerkung, dass Bedenken hinsichtlich der Qualität der Tierstudien bestehen.

Dies veranlasste die IARC-Experten, Aspartam als "möglicherweise krebserregend für den Menschen" (Karzinogen der Gruppe 2B) einzustufen. Diese Kategorie wird im Allgemeinen verwendet, wenn es entweder begrenzte, aber nicht überzeugende Beweise für Krebs beim Menschen gibt oder „nur“ überzeugende Beweise für Krebs in Tierversuchen gibt. Sowohl überzeugende Beweise für Krebs beim Menschen, als auch in Tierversuchen liegen in diesem Fall nicht gemeinsam vor.

Gruppe 1: karzinogen für Menschen alkoholische Getränke, Fleisch, Sonnenlicht
Gruppe 2A: wahrscheinlich karzinogen Bleiverbindungen, rotes Fleisch, Glyphosat
Gruppe 2B: möglicherweise karzinogen Blei, Dieselkraftstoff, Mobilfunkstrahlung
Gruppe 3: nicht einstufbar /wahrscheinlich nicht krebsauslösend für Menschen Amaranth, Kaffee trinken, Tee
Tabelle 3: Einteilung der Karzinogengruppen nach IARC
 

Neben der Einschätzung der IARC-Expertengruppe erstellte das Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA) zur gleichen Zeit eine Risikobewertung für Aspartam. Das Komitee kam zu dem Schluss, dass der Verzehr von Aspartam im Rahmen der zuvor festgelegten zulässigen Tagesdosis (Acceptable Daily Intake; ADI) von 0-40 mg/kg Körpergewicht sicher ist.

Zur besseren Einordnung dieser Menge eine kleine Hilfestellung. Eine Standarddose (0,33l) einer mit Süßstoff gesüßten Limonade bzw. Erfrischungsgetränk enthält in der Regel etwa 200-300 mg Aspartam. Ein Erwachsener mit einem Gewicht von 70 kg müsste täglich also etwa 9-14 Dosen trinken, um diesen Höchstwert zu überschreiten.

Auswirkungen von Süßstoffen auf die Darmgesundheit und das Mikrobiom

Neben der der bereits genannten Aspekten von Süßstoffen sind zusätzlich Auswirkungen auf die Glukoseintoleranz, die Aktivierung von Süßgeschmacksrezeptoren und die Veränderung der Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota bekannt.

In einer Übersichtsarbeit von Ruiz-Ojeda et al. 2019 werden die Belege für die Auswirkungen von Süßstoffen, sowohl von synthetischen (Acesulfam K, Aspartam, Cyclamat, Saccharin, Neotam, Advantam und Sucralose) als auch von natürlichen (Thaumatin, Steviolglucoside, Monellin, Neohesperidin-Dihydrochalcon und Glycyrrhizin) und Nährstoffsüßstoffen (Polyole oder Zuckeralkohole) auf die Zusammensetzung der Mikrobiota im menschlichen Darm kritisch diskutiert. Bislang haben laut dieser Studie nur Saccharin, Sucralose und Stevia die Zusammensetzung der Darmmikrobiota verändert.

Weitere Forschungen über die Auswirkungen von Süßstoffen auf die Zusammensetzung des menschlichen Darmmikrobioms sind notwendig. Durch den eben erwähnten Zusammenhang zwischen Süßstoffen und der Veränderung unserer Mikrobiomzusammensetzung wird Süßstoff ebenfalls im Kontext der Psyche untersucht.

Der Review von Richardson und Frese aus dem Jahr 2022 schließt sich der Aussage an, dass weitere Studien erforderlich sind, um konkrete Aussagen zum Einfluss von Süßstoffen auf die Psyche abzuleiten.

Eine Frau ,die skeptisch auf ein Stück Zucker und Süßstoff schaut
Dank Süßstoffen besser Abnehmen

Auch zum Thema Abnehmen durch Süßstoffe hat sich die WHO in den letzten Wochen geäußert und damit medial für viel Aufruhr gesorgt, denn sie rät davon ab, zur Gewichtskontrolle auf zuckerfreie Süßstoffe zu setzen, da es keine Evidenz dafür gibt, dass diese einen langfristigen Vorteil hinsichtlich Gewichts- bzw. Fettreduktion mit sich bringt (WHO 2023).

Dies wiederum führte bei Vielen zu Unverständnis, da einzelne Studien zeigen, dass Süßstoffe kurzfristig helfen können abzunehmen oder nicht weiter zuzunehmen. Entscheidend für die Empfehlung war jedoch, dass der Langzeiteffekt gegenläufig ist, was aus gesundheitlicher Sicht ausschlaggebend ist.

Der kurzfristige Erfolg ist durch einfaches Austauschen der Lebensmittel und damit Einsparen der Kalorien zu erklären, was zu einer reduzierten Energiezufuhr führt. Doch langfristig sind weitere Aspekte relevant, um einen dauerhaften Abnehmerfolg zu erzielen.

Einer der Hauptgründe dabei ist, dass bei der Verwendung von Süßstoffen das Ernährungsverhalten der Person nicht verändert wird. Der süße Geschmack ist weiterhin ein fester Bestandteil der Ernährungsgewohnheit. Langfristig werden neben den süßstoffhaltigen Produkten meist auch vermehrt zuckerhaltige Lebensmittel verzehrt. Möglicherweise über die bereits beschriebene Aktivierung der Süßgeschmackrezeptoren.

Um langfristig abzunehmen, sollte eine Ernährungsumstellung stattfinden. Neben einem leichten Kaloriendefizit (ca. 500 kcal pro Tag) sowie reichlich Gemüse, sollte der Zuckerkonsum reduziert anstatt durch Süßstoffe ersetzt werden. Zusätzlich sollten komplexe Kohlenhydrate, wie Vollkorn oder andere ballaststoffhaltige Lebensmittel Bestandteile der täglichen Ernährung sein.

Fazit zu Süßstoffen und dessen Auswirkungen

Insgesamt ist es wichtig, den Konsum von Aspartam und anderen künstlichen Süßstoffen zu begrenzen und sich auf eine ausgewogene Ernährung zu konzentrieren, die reich an frischen und natürlichen Lebensmitteln ist.

Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Wasser ist, kann dazu beitragen, den Zuckerkonsum zu reduzieren und die allgemeine Gesundheit sowie die Darmgesundheit zu fördern.

Es ist jedoch nicht notwendig, in Panik zu geraten oder Aspartam vollständig zu vermeiden, da es in den empfohlenen Mengen sicher ist. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die langfristigen Auswirkungen von Aspartam und andere Süßstoffe auf die Gesundheit des Menschen vollständig zu verstehen.

Katrin Stücher
Autor:in
Dr. Katrin Stücher
Ernährungs- und Sportwissenschaftlerin

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