Was sind Adaptogene? Alles über Ashwagandha & Co.
Sie haben Namen, die schwer über die Lippen gehen und doch wandern sie bei vielen Menschen jeden Tag in den Mund – Adaptogene! Das sind Heilpflanzen bzw. deren Wirkstoffe, die unserem Körper potenziell helfen können, besser mit Stress umzugehen. Einige Studien weisen positive Effekte auf, die Forschung steht jedoch noch am Anfang und Gesundheitsversprechen sollten deshalb vorsichtig formuliert werden. Da uns Adaptogene aber überall begegnen, schauen wir sie uns in diesem Beitrag natürlich trotzdem einmal genauer an.
Inhalt:
Was sind Adaptogene?
Kein Stress, kein Stress! So sollen Adaptogene wirken
Übersicht: Bekannte Adaptogene und ihre potenziellen Eigenschaften
Wie werden Adaptogene angewendet & worauf muss ich beim Kauf achten?
FAQ: Die häufigsten Fragen zum Thema Adaptogene
Fazit
Quellen
Was sind Adaptogene?
Der Begriff Adaptogen lässt sich leicht merken, wenn wir an das englische to adapt (anpassen) denken. Adaptogene sind pflanzliche Stoffe aus zum Beispiel Wurzeln, Kräutern oder Pilzen, die dem Körper helfen sollen, besser mit Stress umzugehen, sich also anzupassen.
Dabei kann es sich um
psychischen Stress (z. B. Belastung durch Arbeit oder Sorgen),
körperlichen Stress (z. B. Sport) oder
zellulären Stress durch Umweltfaktoren handeln.
Das Konzept der Adaptogene wurde Mitte des 20. Jahrhunderts definiert, als Forschende nach Substanzen suchten, die Ausdauer, Konzentration und Erholung auch unter extremen Bedingungen verbessern können. Ein Ziel wäre, die Stressreaktion in der sogenannten Alarmphase zu verringern und dadurch eine nachfolgende Erschöpfungsphase zu vermeiden.
Seitdem werden verschiedene Pflanzen erforscht, darunter Rosenwurz, Ginseng, Ashwagandha (Schlafbeere), der Reishi-Pilz (Glänzender Lackporling) oder Schisandra (Chinesisches Spaltkörbchen).
Und die Pflanzen sind bei Weitem keine Neuheit: Adaptogene sind zu großen Teilen seit jeher Teil der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) oder der indischen Ayurveda-Heilkunst. Heutzutage sind sie besonders im Trend, weil sie gut in den ganzheitlichen Ansatz von Self-Care und Functional Food passen.
Hier aber das große ABER: Die wissenschaftliche Beweislage ist bislang begrenzt. Viele der beschriebenen Effekte stammen aus kleineren Studien oder eben aus traditioneller, althergebrachter Anwendung.
Kein Stress, kein Stress! So sollen Adaptogene wirken
Adaptogene werden erforscht, weil sie Prozesse der Stressregulation im Körper beeinflussen könnten, insbesondere die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse), die Stresshormone wie Cortisol steuert.
Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse von 2023 untersuchte neun Adaptogene: Besonders gut erforscht scheint Ashwagandha: Nach 56 bis 60 Tagen Einnahme zeigte sich bei psychisch gestressten, gesunden Erwachsenen eine Senkung des Serum-Cortisolspiegels und eine klinisch relevante Abnahme der subjektiven Stresswahrnehmung.
Auch andere Adaptogene wie Rosenwurz, Tulsi oder Brahmi zeigten in einzelnen Studien positive Trends, aber die Ergebnisse sind nicht einheitlich, und die Evidenz wurde in der Analyse insgesamt eher als niedrig bis sehr niedrig bewertet.
Kurz gesagt:
Adaptogene könnten mild stresslindernd wirken, wahrscheinlich über eine Normalisierung des Cortisolstoffwechsels. Doch die Datenlage reicht noch nicht aus, um allgemeingültige Schlussfolgerungen zu ziehen. Weitere hochwertige Studien mit größeren Teilnehmendenzahlen sind nötig, um Dosis, Wirkmechanismus und Langzeitwirkung sicher beurteilen zu können.
Für die allermeisten Adaptogene existieren keine klar genehmigten gesundheitlichen Aussagen (Health-Claims) in Europa.
Adaptogene wirken nicht isoliert, sollten also nicht als Ersatz für gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung verstanden werden.
Übersicht: Bekannte Adaptogene und ihre potenziellen EigenschaftenPflanze
Typische Verwendung / mögliche Wirkung*
Hinweise zur Studienlage
Rosenwurz (Rhodiola rosea)
Unterstützung bei Erschöpfung, Konzentration, Stressbewältigung
Mehrere Humanstudien, aber meist klein, Wirkung plausibel, nicht gesichert
Koreanischer Ginseng (Panax ginseng)
Steigerung von Energie, Konzentration, Immunabwehr
Gut untersucht, Effekte moderat
Ashwagandha (Withania somnifera)
Stressabbau, Schlafqualität, Cortisolreduktion
Solide Kurzzeitstudien, Langzeitdaten fehlen, Bundesinstitut für Risikobewertung rät zur Vorsicht
Taigawurzel/Sibirischer Ginseng (Eleutherococcus senticosus)
Steigerung der Ausdauer, mentale Belastbarkeit
Einige klinische Studien, gemischte Ergebnisse
Chinesisches Spaltkörbchen (Schisandra chinensis)
Konzentrationsfördernd, antioxidativ
Tier- und Zellstudien, kaum Humanforschung
Tulsi/Indisches oder Heiliges Basilikum (Ocimum tenuiflorum)
Stressminderung, antioxidative Wirkung
Erste Humanstudien, viel traditionelle Evidenz
Süßholz (Glycyrrhiza glabra)
Einfluss auf Cortisol-Stoffwechsel
Nebenwirkungen möglich (Blutdruck!)
Chinesischer Raupenpilz (Cordyceps sinensis)
Energie, Regeneration, Stressresilienz
Erste Studien bei Sportlern hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit, Evidenz schwach
Brahmi (Bacopa monnieri)
Gedächtnisleistung, Stressresistenz
Einige Humanstudien, Hinweise auf kognitive Effekte
Reishi (Ganoderma lucidum)
Immunsystem, allgemeine Balance
Gute Daten zu Immunmodulation, nicht nachgewiesen adaptogen
*Die genannten Wirkungen beruhen auf Studien mit unterschiedlicher Qualität und Aussagekraft.
Wie werden Adaptogene angewendet & worauf muss ich beim Kauf achten?
Adaptogene findest du als Tees, Shakes, Pulver, Extrakte oder Nahrungsergänzungsmittel. Achte beim Kauf auf hochwertige, standardisierte Produkte, bei denen der Gehalt an wirksamen Pflanzenstoffen klar in Prozenten angegeben ist. Solche Angaben stehen für geprüfte Qualität und gleichbleibende Wirksamkeit. Ein einfaches Pflanzenpulver kann schnell unter- oder überdosiert werden.
Ebenso wichtig sind Transparenz und Reinheit: Gute Hersteller verwenden zertifizierte Rohstoffe und geben Herkunft und botanischen Namen der Pflanze an. Sie lassen ihre Stoffe zudem auf Schwermetalle, Pestizide und mikrobiologische Belastungen prüfen und verzichten auf unnötige Zusätze wie Farbstoffe oder künstliche Aromen. Auch Bio- oder GMP-Zertifikate können ein Hinweis auf verlässliche Qualität und Sicherheit sein.
Nimm Adaptogene regelmäßig über mehrere Wochen ein – kurzfristige Effekte sind selten. Wie bei allen Nahrungsergänzungsmitteln gilt: Bei chronischen Erkrankungen, Schwangerschaft oder Medikamenteneinnahme sollte vorab Rücksprache mit medizinischem Fachpersonal erfolgen.
Merke: Einige Adaptogene können mit bestimmten Medikamenten Wechselwirkungen haben – sprich im Zweifel lieber einmal mehr mit deiner Ärztin oder deinem Arzt, bevor du sie einnimmst.
Expertinnen-Rat
„Adaptogene sind keine Wundermittel, können dich aber begleiten, wenn du deinen Körper mit Schlaf, Bewegung und Ernährung unterstützt. Wichtig sind die Qualität der Präparate, realistische Erwartungen und Vorsicht.“
Dr. Katrin Stücher
Ernährungs- und Sportwissenschaftlerin
FAQ: Die häufigsten Fragen zum Thema Adaptogene
Kann ich Adaptogene täglich einnehmen?
Ja, sofern du ein qualitativ geprüftes Produkt nutzt und keine Gegenanzeigen bestehen. Die Langzeitsicherheit ist jedoch nur unzureichend erforscht.
Sind Adaptogene auch für Jugendliche geeignet?
Die Datenlage ist sehr dünn, eine Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt ist unbedingt zu empfehlen.
Kann ich mehrere Adaptogene kombinieren?
Theoretisch ja, praktisch sind Wechselwirkungen kaum untersucht. Am besten nur einzeln ausprobieren.
Sind Adaptogene eine Alternative zu Medikamenten?
Nein, sie können eine gesunde Lebensweise unterstützen, ersetzen aber keine medizinische Behandlung.
Fazit: Adaptogene – spannend, aber noch nicht ausreichend erforscht
Keine Frage, Adaptogene sind interessant, weil sie den Körper bei Stress und Erschöpfung möglicherweise stärken können. Ausreichend wissenschaftlich bewiesen ist das aber noch nicht. Wenn du Adaptogene ausprobieren möchtest, wähle qualitativ hochwertige Produkte, achte auf eine gesunde Lebensweise und hab Geduld: Ihre Wirkung zeigt sich oft erst nach einigen Wochen. Für viele Pflanzen sind weitere Studien nötig, um ihre Sicherheit und Wirksamkeit besser zu verstehen.